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SPECIAL zur »Aufgetauchten Welt« von Licia Troisi

Licias Welt

Woran orientieren sich Ihre Geschichten?
Licia Troisi: An Mangas und Berserk, meinem Lieblingscomic.

Was für ein Ort ist die Aufgetauchte Welt?
Licia Troisi: Das ist ein Landstrich so groß wie Europa in einer Parallelwelt, in dem Männer, Frauen, Gnome, Halbelfen und meine Kämpferinnen leben.

Gibt es auch eine Untergetauchte Welt?
Licia Troisi: Ja, die subatomare, von der niemand weiß, wie sie funktioniert.

Also ist die unsrige die aufgetauchte?
Licia Troisi: Wer weiß.

Welches literarische Vorbild haben Sie?
Licia Troisi: Umberto Ecos „Der Name der Rose“. Ich habe den Roman neun Mal gelesen, so möchte ich schreiben.

Ihre Heldinnen Nihal und Dubhe kämpfen und töten: Reicht Ihnen die Gewalt, die uns umgibt, nicht?
Licia Troisi: Meine Mutter denkt, dass ich Mord rechtfertige, aber das stimmt nicht. Ich verherrliche die Gewalt nicht, ich nutze sie als extremes Mittel, um etwas anderes zum Ausdruck zu bringen. Wenn in Mangas zwei Figuren gegeneinander kämpfen, dann erleben sie ein existenzielles Wachstum, Auge in Auge entdecken sie dabei sich selbst. Das ist eine Metapher: Das Leben ist ein ständiger Kampf, eine Herausforderung, die jeden Tag neu angenommen werden muss.

Das ist eine ganz schöne Verantwortung gegenüber den minderjährigen Lesern.
Licia Troisi: In meinen Geschichten wird für das Gute gekämpft. Jedes Abenteuer ist Teil meiner Entwicklung. Und wenn sich darin jemand wiederfindet, freut es mich. Auch wenn mich die Leute erschrecken, die nach der Lektüre eines Buches meinen, sie seien so wie ich.

Warum?
Licia Troisi: Das ist eine Illusion: In meinen Texten stecke ich ja nicht vollständig. Aber ich will die Menschen nicht enttäuschen. Einmal hat ein Mädchen mir geschrieben: „Deinetwegen habe ich angefangen zu lesen.“ Das hat mir gefallen und mir gezeigt, dass Geschriebenes wirkungsvoll ist und mit Sorgfalt behandelt werden muss. Es beeindruckt mich, wie die Inspiration von mir zu anderen überspringt. Die Cover beispielsweise zeichnet Paolo Barbieri nach dem, was ich geschrieben habe. Durch ihn bekommen meine Geschichten eine neue Form.

Regt Sie die Gegenwart an?
Licia Troisi: Nein, ich interessiere mich mehr für die Grundlagenforschung und dass der Hang zum Hass in allen Menschen angelegt ist.

Ihre Aufgetauchte Welt wird von zwei Frauen gerettet: Ist das eine Vorahnung?
Licia Troisi: Ich weiß nicht, ob die Welt dann eine bessere wäre: Sehen Sie sich Condoleezza Rice an. Meine Entscheidung war autobiografisch – Nihal ist ein bisschen ich – und technisch: Ich bin noch nicht in der Lage, mich in einen Mann hineinzuversetzen. Außerdem geben die Frauen ja immer den Ton an.

Also haben die Feministinnen viel Lärm um nichts gemacht?
Licia Troisi: Auf der einen Seite steht die gesellschaftliche Anerkennung, auf der anderen Seite die Familie: Bei mir zuhause hat meine Mutter das Kommando. Ich glaube an die Gleichberechtigung der Geschlechter und an ihre Unterschiedlichkeit: Wir haben unterschiedliche Hirne. Frauen sind konkreter, aber auch unbarmherziger, entschiedener und neurotischer als Männer. Die Männer sind unsere Anker. Bei mir ist das mein Ehemann Giuliano und so ist das auch in meiner Fantasy.

Welche Qualitäten hat Ihr Mann, um Sie zu ertragen?
Licia Troisi: Geduld und Ausgeglichenheit: Er besänftigt meine Zornesausbrüche, mein größter Fehler, und mildert meinen Hang, mich als Opfer zu fühlen. Wenn ich negative Kritiken lese, dann bricht die Welt für mich zusammen.

Gibt es eine Kritik, die Sie ganz besonders getroffen hat?
Licia Troisi: Irgendjemand hat mal so was geschrieben: Wieso hat diese junge Anfängerin ausgerechnet bei Mondadori veröffentlicht? Ich habe lange geheult.

Wo Sie es sagen: Warum gleich bei Mondadori?
Licia Troisi: ‚Ich versuch es mal’, dachte ich und habe mein Manuskript samt einer gezeichneten Karte der Aufgetauchten Welt hingeschickt. Nach drei Monaten riefen sie mich an. Das hört sich wie ein Märchen an, aber es stimmt.

Warum ist in Italien der Fantasy-Boom ausgebrochen?
Licia Troisi: Fantasy bietet einen Rückzugsort: In diesen Geschichten kämpfen Helden für hohe Ideale, während wir immer mehr für erbärmliche Werte leben, zum Beispiel wer von den Freundinnen das schönste Kleid hat.

Was ist Ihr höchstes Ideal?
Licia Troisi: Weltweite Gerechtigkeit. Ich weiß nicht, ob man sie durch kleine alltägliche Dinge erreicht, doch damit fange ich an.

Zum Beispiel?
Licia Troisi: Ich versuche, den Menschen, die mich umgeben, weniger weh zu tun.

Was wird Ihr nächster Kampf?
Licia Troisi: Mir nicht wieder die 15 Kilo anfuttern, die ich abgenommen habe, weniger negativ sein und aufhören, Dinge zu zerschmeißen, wenn ich wütend bin: Wenn die Wut verraucht ist, und ich vor dem kaputten Teil stehe, fühle ich mich einfach jämmerlich.

Sie sind Realistin: Ich dachte, Sie würden in einer Parallelwelt leben.
Licia Troisi: Ich habe einen Zeitvertrag, der Ende des Monats ausläuft, ich muss Miete bezahlen, die Küche ist so klein, dass ich nicht mal zwei Eimer für die Mülltrennung aufstellen kann. Lauter Dinge aus dieser Welt. Die Parallelwelt existiert nur, wenn ich schreibe.

Wann passiert das?
Licia Troisi: Abends, nach dem Essen mit meinem Mann und einer Simpsons-Folge. Dann setze ich mich an den Computer: fünf Seiten in zwei Stunden. Danach gehe ich ins Bett und lese noch etwas.

Und was macht Ihr Mann?
Licia Troisi: Er spielt am alten Computer.

Ihre Lieblingslektüre?
Licia Troisi: Ich lese alles: Wenn ich nicht lesen würde, könnte ich keine Zeile schreiben.

Harry Potter oder die Romane von Tolkien?
Licia Troisi: Beides und Mangas.

Die zweite Trilogie ist beendet, was kommt nun?
Licia Troisi: Es gibt ein streng geheimes Projekt bei Mondadori. Außerdem beende ich gerade ein Buch im Fantasy-Stil für VerdeNero über die Ökomafia. Das kommt im Frühjahr heraus.

Was haben Sie mit der Ökomafia zu tun?
Licia Troisi: Sie haben mich gefragt, und das ist mein momentanes Schlachtfeld, hoffentlich schaff ich das.

Wem müssen Sie danken, es bis hierher geschafft zu haben?
Licia Troisi: Meinen Eltern. Sie haben mich nie unterdrückt. Und sie haben mir eine riesige Bibliothek zur Verfügung gestellt.